KI im Qualitätsmanagement: Effizienz, Automatisierung & Chancen

Wie verändert Künstliche Intelligenz das Qualitätsmanagement?
Von automatisierter Prüfdatenerfassung über Predictive Analytics bis hin zur Entscheidungsunterstützung in Echtzeit – KI bietet völlig neue Potenziale für Qualitätssicherung und Prozessoptimierung. In diesem Fachbeitrag der VOREST AG erfahren Sie, wie KI im QM konkret funktioniert, welche Chancen sie eröffnet – und worauf Sie achten müssen.

Was kann KI im Qualitätsmanagement leisten?

Der Einsatz von KI eröffnet völlig neue Perspektiven – insbesondere, wenn es darum geht, Effizienz, Genauigkeit und Reaktionsfähigkeit zu steigern, ohne dabei etablierte Standards wie ISO 9001 aus den Augen zu verlieren. Prozesse laufen nicht nur schneller, sondern auch präziser ab. Die Qualität von Produkten, Dienstleistungen und Entscheidungen lässt sich gezielter steuern und verbessern. KI reicht dabei von einfachen Prüfwerkzeugen bis hin zu lernfähigen Systemen, die sich fortlaufend an neue Gegebenheiten anpassen. Richtig eingesetzt, trägt künstliche Intelligenz nicht nur zur Fehlervermeidung bei – sie kann zur echten strategischen Stärke werden. Voraussetzung ist ein bewusster, verantwortungsvoller Umgang mit der Technologie.

Ein zentrales Anwendungsfeld ist die datenbasierte Entscheidungsunterstützung. Mithilfe von KI lassen sich Muster in Qualitätsdaten erkennen – das ermöglicht Prognosen und Trendanalysen, mit denen Qualitätsprobleme frühzeitig sichtbar werden. Auch bei der Ursachenanalyse (Root Cause Analysis) kommt KI zum Einsatz. Machine-Learning-Algorithmen helfen dabei, die Gründe für Abweichungen zu identifizieren – und das oft schneller und präziser als klassische Methoden. Anomalien in Produktions- oder Prozessdaten lassen sich ebenfalls automatisch erkennen, noch bevor sie zu echten Problemen führen.

Automatisierte Prüfungen und smarte Prozesse

Ein weiteres starkes Einsatzfeld ist die automatisierte Qualitätskontrolle. Hier übernehmen KI-gestützte Bildverarbeitungssysteme die visuelle Prüfung von Produkten. Sie erkennen etwa Kratzer, Verformungen oder Farbabweichungen – rund um die Uhr, in konstanter Qualität. Sensoren überwachen zudem physikalische Parameter wie Druck, Temperatur oder Vibrationen und geben diese Daten an KI-Systeme weiter, die Abweichungen analysieren. Sogar akustische Signale werden mittlerweile ausgewertet, zum Beispiel, um ungewöhnliche Geräusche an Maschinen zu identifizieren.

Auch in der Prozessoptimierung leistet KI einen wichtigen Beitrag. Sie erkennt systematisch Schwachstellen, Engpässe oder Streuungen im Ablauf. Produktionsparameter lassen sich durch lernfähige Systeme automatisch anpassen – so bleibt die Qualität konstant hoch. Die Rückkopplung von Qualitätsdaten in vorgelagerte Prozesse macht das System insgesamt reaktionsfähiger und nachhaltiger.

Intelligentes Dokumentenmanagement und Wissensnutzung

KI kann nicht nur Daten auswerten, sondern auch Informationen strukturieren. Im Dokumentenmanagement klassifiziert sie beispielsweise automatisch Prüfpläne, Berichte oder Normendokumente und hilft dabei, Inhalte aus Auditberichten, Reklamationen oder Feedback gezielt auszuwerten (Stichwort: Text Mining). So lassen sich Qualitätsmaßnahmen schneller und fundierter ableiten – und auch Normanforderungen wie ISO 9001 oder IATF 16949 effizienter umsetzen.

Darüber hinaus automatisiert Künstliche Intelligenz viele Routineaufgaben im Qualitätsmanagement. Digitale Assistenten oder Chatbots beantworten Fragen zu Normen oder Abläufen, erstellen auf Knopfdruck CAPAs oder 8D-Reports und passen Prüfpläne dynamisch an frühere Ergebnisse an. Besonders zukunftsweisend ist der Bereich „Predictive Quality“: KI berechnet, ob ein Produkt voraussichtlich alle Anforderungen erfüllt – oder ob Störungen in der Produktion drohen, etwa durch Verschleiß von Maschinen.

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Lieferantenmanagement und Risikobewertung

Auch im Umgang mit Lieferanten wird Künstliche Intelligenz im Qualitätsmanagement zunehmend zum strategischen Werkzeug. Sie bewertet deren Leistungsfähigkeit, analysiert Reklamationen und Auditberichte und erkennt potenzielle Risiken frühzeitig. Mit datenbasierten Modellen lassen sich sogar komplexe Abhängigkeiten in der Lieferkette aufdecken.

Insgesamt führt das Zusammenspiel von Mensch und KI zu besseren Entscheidungen: Systeme schlagen Maßnahmen vor, die finale Entscheidung liegt jedoch stets beim Menschen. Gleichzeitig unterstützt KI das Wissensmanagement, indem sie Zusammenhänge in verstreuten Daten erkennt und daraus Handlungsempfehlungen ableitet – etwa für Schulungen oder bei der Einarbeitung neuer Kolleg:innen.

KI in der ISO-9001-Praxis: Ganz konkret

Künstliche Intelligenz unterstützt die Umsetzung und Weiterentwicklung eines ISO-9001-konformen Qualitätsmanagementsystems auf mehreren Ebenen:

Dokumentenmanagement und Informationslenkung (Kapitel 7.5)

Im Bereich der Dokumentenlenkung – einem zentralen Aspekt von ISO 9001 – helfen KI-Systeme, Inhalte automatisch zu klassifizieren, zu versionieren und auf Vollständigkeit zu prüfen. Neue Dokumente werden direkt den richtigen Kategorien zugeordnet und auf normrelevante Inhalte hin analysiert.

Natural Language Processing (NLP) ermöglicht es, Texte semantisch zu bewerten: Das System erkennt, ob Verantwortlichkeiten, Abläufe oder Inputs/Outputs korrekt beschrieben sind. Chatbots greifen direkt auf das Dokumentenmanagementsystem zu und geben Mitarbeitenden konkrete, rollenbasierte Antworten – etwa zu Prüfmethoden oder Prozessbeschreibungen. In der Praxis hat dies bereits nachweislich zu weniger Anwendungsfehlern geführt.

Wie KI bei der Erstellung von Prozessbeschreibungen hilft

Als klassisches Beispiel der QM-Dokumentation kann die Prozessbeschreibung angeführt werden. Eine Prozessbeschreibung zu erstellen, kann oft ganz schön zeitintensiv sein. Schließlich muss man alle Abläufe genau festhalten, Zuständigkeiten klar definieren und sicherstellen, dass nichts Wichtiges vergessen wird. Hier kann künstliche Intelligenz eine echte Unterstützung sein. Sie greift auf vorhandene Dokumente, Normen und Vorgaben zurück und erstellt daraus automatisch einen ersten Entwurf der Prozessbeschreibung. So muss man nicht bei null anfangen, sondern kann auf einer strukturierten Vorlage aufbauen, die schon viele wichtige Punkte berücksichtigt.

Die KI analysiert zum Beispiel Stichworte oder kurze Angaben zum Prozess – etwa welche Aufgaben erledigt werden, wer beteiligt ist und wie der Ablauf grob aussieht. Daraus entsteht dann ein verständlicher Text, der alle wesentlichen Elemente enthält: den Zweck des Prozesses, die Eingaben, den Ablauf, die Verantwortlichen, Kontrollpunkte und das erwartete Ergebnis. Die Formulierungen sind dabei so gewählt, dass sie klar und nachvollziehbar sind und auch den Anforderungen von Standards wie der ISO 9001 gerecht werden.

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Warum sich der Einsatz von KI bei der Erstellung einer Prozessbeschreibung lohnt

Der größte Vorteil: Man spart viel Zeit, weil die Grundstruktur schon fertig ist und nicht jedes Mal alles neu geschrieben werden muss. Außerdem hilft die KI dabei, den Text konsistent und fehlerfrei zu halten. Sie erkennt zum Beispiel doppelte Inhalte oder Unstimmigkeiten und macht Vorschläge zur Verbesserung. Dadurch wird die Qualität der Prozessbeschreibung deutlich besser.

Natürlich kann man den Text danach noch individuell anpassen, um ihn genau auf die eigenen Abläufe zuzuschneiden. Auch wenn sich Prozesse ändern, lässt sich der Text mit KI-Unterstützung einfacher aktualisieren. Insgesamt macht die KI das Erstellen von Prozessbeschreibungen schneller, klarer und übersichtlicher – was gerade im Qualitätsmanagement sehr hilfreich ist.

Die Rolle der KI im Wissensmanagement (Kap. 7.1.6)

Beim Aufbau und der Pflege eines digitalen Wissenspools bietet KI klare Vorteile. Sie extrahiert relevante Informationen aus Prüfberichten, Auditprotokollen oder Lessons Learned und macht dieses Wissen allen Mitarbeitenden zugänglich. Nach Audits erkennt sie häufige Ursachen für Abweichungen und ergänzt sie automatisch im System. So entsteht ein lebendiger, ständig wachsender Erfahrungsschatz.

Zudem unterstützen adaptive Lernsysteme die Schulung von Mitarbeitenden im Qualitätsmanagement. Diese passen sich individuell an das Wissensniveau der Nutzer:innen an und schlagen gezielt Lerninhalte vor. KI kann auch systematische Wissenslücken im Unternehmen identifizieren – etwa, wenn bestimmte Themen häufig beim Helpdesk oder in internen Anfragen auftauchen.

Qualitätsüberwachung & interne Audits (Kapitel 9.1 & 9.2)

Bei der Überwachung und Bewertung von Qualitätskennzahlen bietet KI enorme Vorteile. Sie analysiert Prozess- und Produktdaten in Echtzeit und erkennt selbst kleinste Anomalien. So kann frühzeitig reagiert werden – noch bevor ein Problem entsteht.

Bei internen Audits hilft KI bei der Priorisierung: Prozesse oder Lieferanten mit hohem Risiko werden gezielt geprüft. Nach dem Audit analysiert das System die Ergebnisse, identifiziert Muster und leitet Verbesserungsmaßnahmen ab. Fristen und Verantwortlichkeiten werden automatisch nachverfolgt, was zu einer höheren Wirksamkeit führt.

Fazit und Ausblick

Künstliche Intelligenz im Qualitätsmanagement ersetzt den Menschen nicht – sie ergänzt ihn. Sie sorgt für mehr Transparenz, bessere Datenverfügbarkeit und schnellere Reaktionen auf Abweichungen. Dabei bleibt die Verantwortung immer beim Menschen, Entscheidungen müssen nachvollziehbar und dokumentierbar sein – gerade im Auditfall.

Für Unternehmen, die nach ISO 9001 arbeiten, wird KI damit zu mehr als nur einem technischen Hilfsmittel: Sie ist ein strategischer Hebel für eine zukunftsfähige, nachhaltige Qualitätskultur. Fehler lassen sich frühzeitig vermeiden, Prozesse laufend optimieren – und das gesamte Unternehmen profitiert von einer neuen Qualität der Qualität.