Das PPF Verfahren zur Prozessfreigabe und Produktfreigabe

Das PPF Verfahren dient der Bemusterung von Serienteilen und liefert den Nachweis der Konformität des Produkts mit den Spezifikationen. Damit ist der Produktionsprozess in der Lage, diese Anforderungen ständig zu erfüllen. Im Automotive Sektor wird seitens des Kunden diese Form einer Prüfbescheinigung bzw. eines Konformitätsdokuments vorgeschrieben. Für den Lieferanten ist es fast unmöglich, dies abzuwehren, zumindest nicht ohne die Geschäftsbeziehung zu gefährden.

Da sich die Automobilbranche in einem gravierenden Umbruch befindet und sich dieser Wandel rasant vollzieht, benötigen diese Verfahren zwingend eine Anpassung. Im Folgenden finden Sie eine Erläuterung dieser Gattung der Konformitätsdokumente sowie einen Überblick über die Änderungen des VDA Band 2.

Welche Forderungen stellen Wirtschaftsverbände?

Neben der Prüfbescheinigung sowie der Konformitätserklärung, die auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gelten, kommt in der Automobilindustrie noch eine weitere Perspektive hinzu. Diese betrifft zum Beispiel Regeln von Wirtschaftsverbänden oder technischen Organisationen. Sie enthalten dezidierte Anforderungen an die Inhalte von Dokumenten über Ergebnisse von Prüfungen und über Konformitätsaussagen.

Die Eingabe der Suchbegriffe „Verband + Zertifizierung“ ergibt, speziell bei Dienstleistungen, eine wahre Flut an Suchergebnissen von Verbänden, die ein Zertifizierungsschema anbieten. Ein Suchergebnis verweist natürlich auf die Seiten des VDA (Verband der Automobilindustrie). Er ist u.a. für die Entwicklung, Einführung und Überwachung der zertifizierbaren Qualitätsmanagement Standards VDA 6.X verantwortlich. Als eines der fünf IATF Oversight Offices ist das VDA QMC darüber hinaus für die Weiterentwicklung und Überwachung des internationalen QM-Standards IATF 16949 zuständig. Wesentliche Aspekte dieser Regelwerke sind die Prozessvorgaben zur Prozess- und Produktfreigabe. In der Produktions- und Fertigungstechnik, bzw. im zugehörigen Qualitätsmanagement, legen die nationalen und internationalen Verbände Verfahren fest, die die Prüfung von Bauteilen oder Fertigprodukten auf die Konformität mit vorgegebenen Eigenschaften regeln.

Ihre Schulungen zum PPF Verfahren

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Was ist das PPF Verfahren?

Die Produktionsprozess- und Produktfreigabe (PPF) dient als Vorlagestufe für Musterteile und ist ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung in der Serienproduktion. Das Ziel des PPF-Verfahrens besteht darin, sicherzustellen, dass sowohl das Produkt als auch der Produktionsprozess den Anforderungen des Kunden entsprechen. Dabei wird der gesamte Herstellungsprozess eines (Serien)Produkts dokumentiert und in einer standardisierten Nachweisführung festgehalten. Auf diese Weise können Serienteile bemustert und die Qualitätssicherung der Produkte und Produktionsprozesse gewährleistet werden.

Die Dokumentationen und Nachweise aus dem PPF-Verfahren bilden die Basis für die Freigabe der Produkte. Durch die Umsetzung des PPF-Verfahrens kann das Unternehmen sicherstellen, dass die Lieferung an den Kunden pünktlich, in der vorgesehenen Menge und Qualität erfolgt und durch einen bestimmten Produktionsprozess erfüllt ist.

Zielsetzung vom PPF Verfahren und PPAP für die Bemusterung

Mit einer Bemusterung erbringt der Lieferant den Nachweis, dass seine Produkte die vom Kunden geforderten Qualitätsanforderungen erfüllen. Die Bemusterung kann in der Automobilindustrie nach unterschiedlichen Standards erfolgen.

Durch Regelwerke des Produktionsprozess- und Produktfreigabe-Verfahrens (PPF) des VDA sowie Production Part Approval Process (PPAP) der AIAG (Automotive Industry Action Group) wird eine gewisse Vereinheitlichung bei der Abwicklung von Produktbemusterungen in der Automobilindustrie geschaffen.

Zusätzlich wird so eine enge Zusammenarbeit zwischen Kunde und Lieferant erreicht und eine Grundlage für Vereinbarungen geschaffen. Die Verfahren können von allen Unternehmen, auch ohne Anforderungen von Kunden, intern angewendet werden. Deshalb finden wir diese in gleicher oder abgewandelter Form mittlerweile in vielen Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Da das PPAP-Verfahren seit langen Jahren unverändert gültig ist, der PPF-Prozess jedoch aktuell überarbeitet wurde, stellen wir diesen hier in den Vordergrund.

Gegenüberstellung von PPF Verfahren und PPAP

Das Bemusterungsabstimmungsgespräch als neue Bedingung vom PPF Verfahren

Das im VDA Band 2 beschriebene PPF-Verfahren zielt auf eine vollumfängliche Freigabe eines Produktes, intern sowie vom Kunden, ab. Diese muss, noch vor dem SOP (Start of Production), die Freigabe des zugehörigen Produktionsprozesses zur Serienproduktion einschließen. Das PPF-Verfahren startet somit bereits in der Angebotsphase. Ein Bestandteil der Machbarkeitsbewertung ist die Analyse und Abstimmung der kundenspezifischen Vorgaben zur Erstbemusterung.

Das Bemusterungsabstimmungsgespräch ist zwar nicht neu, aber nun ist es zur Bedingung geworden, da die bisherigen 4 Vorlagestufen (0, 1, 2 und 3) gestrichen wurden. Jetzt muss also lt. Kapitel 5 „Bemusterungsabstimmung zum PPF-Verfahren“ für jedes Projekt individuell vereinbart und formell dokumentiert werden, welche Daten, Dokumente und Musterteile dem Kunden zu welchem Zeitpunkt und in welcher Gestalt vorzulegen sind. Anlage 2 hilft bei der Strukturierung dieser Bemusterungsabstimmung.

Nachdem der Vertrag fixiert ist bzw. der Auftrag erteilt wurde, vereinbaren Kunde und Lieferant das detaillierte, projektspezifische PPF-Verfahren, mit dem Schwerpunkt der Produktionsprozess- und Produktfreigabe.

Darstellung des prinzipiellen Ablaufs vom PPF Verfahren

Welche strukturellen Neuerungen gibt es im VDA Band 2?

Der Vergleich des Inhaltsverzeichnisses mit der vorherigen Version 2012 offenbart eine Veränderung in der Anzahl der
Kapitel. Aus bisher zehn Kapiteln sind aktuell zwölf Kapitel geworden. Der Grund ist, dass das ehemalige Unterkapitel 6.5 nun ein Hauptkapitel 7 mit dem vorherigen Titel „Sonderabläufe“ bildet und mit dem Thema „Re-Qualifikation“ ein Kapitel 10 neu aufgenommen wurde. Auch der Abschnitt 10 macht deutlich, dass Häufigkeit, Art und Umfang der Re-Qualifikation zwischen dem Lieferanten und Kunden im Rahmen der Abstimmung des PPF-Verfahrens zu vereinbaren sind. Folgende neuen Punkte gibt es dazu:

  • Dokumentation der Vereinbarung zur Re-Qualifikation
  • Dokumentation der Vereinbarungen zur Reklamationsbearbeitung (z.B. 8D) und Schadteilanalyse Feld.

Welche inhaltlichen Neuerungen gibt es im VDA Band 2?

Ein Blick in das Kapitel 1.2 „Ziel des PPF-Verfahrens“ führt zu einer weiteren Änderung. Dort wird die nachweisliche Erfüllung der gesetzlichen, behördlichen und zulassungsrelevanten Anforderungen gefordert. Gemeint sind damit zum Beispiel EU-Richtlinien, CE-Kennzeichnungen und Typgenehmigungsverfahren. Deutlich wird dies bei den Nachweisen zur Validierung des Produkts unter 3.11, 3.12 und 3.13. Auch bisher war die ESD-Prüfung enthalten. Aufgrund der steigenden Anforderungen an den Nachweis der Konformität im Bereich Elektrik und Elektronik ist dies nun aber in drei Bereiche gesplittet:

  • Beständigkeit gegenüber Electrostatic Discharge (ESD)
  • Elektrische Sicherheit/Hochvolt-Sicherheit
  • Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

Videos:
Unterschied IATF 16949 & ISO 9001 und die gültigen Handbücher https://www.youtube.com/watch?v=ScFcLHPpH5c

Welche Ziele verfolgt der Automobil Standard IATF 16949? https://www.youtube.com/watch?v=hAUYJvbftD4

Weitere Änderungen bzw. neue Anforderungen

Neben den oben genannten Neuerungen gibt es noch weitere Änderungen bzw. neu hinzugekommene Anforderungen im VDA Band 2:

  • Nachweise zur Validierung des Produktionsprozesses: Laborqualifizierung, Referenzmuster
  • Nachweise zur Produktentwicklung: Genehmigte Konstruktionsänderungen
  • Nachweise zur Validierung des Produkts: Technische Sauberkeit

Ob ein anderer neuer Punkt mit dem Abgasskandal zusammenhängt, ist fraglich. Es fällt jedoch auf, dass der Softwareprüfbericht (zwar nichts ganz Neues) nun jedoch wesentlich detaillierter ist. Der Punkt „Nachweise zur Software“ erhielt dabei eine Aufsplittung in verschiedene weitere Punkte. Damit ist Software zu einem umfangreicheren Bestandteil geworden.

Die Konsequenz des PPF Verfahrens für den Lieferanten

Auffällig ist auch, dass das Kapitel 12 „Anlagen“ (ehemaliges Kapitel 10) nun, vom Umfang der Seiten, mehr als die Hälfte des Dokuments umfasst. Hier wirkt sich die „Intensivierung der Kommunikation zwischen dem Lieferanten und dem Kunden“ als Neuerung bzw. veränderte Zielsetzung zur besseren Vereinbarung und damit konformen Umsetzung des PPF-Verfahrens aus. Die Nachweisführung und die Hürde einer finalen Freigabe ist für den Lieferanten höher und bindender geworden. Denn, bestätigt er doch mit seiner Unterschrift auf dem Deckblatt des PPF-Berichts, d.h. auf einem Konformitätsdokument, die konforme Umsetzung und Erfüllung aller Anforderungen, einschließlich der relevanten gesetzlichen und behördlichen Vorschriften!